Begriff: Online-Übungsbetrieb für die Mathematik

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Online-Übungsbetrieb für die Mathematik

Handreichung: Online-Übungsbetrieb

Die Bearbeitung von Übungsaufgaben, entweder in einer Sitzung einer Übungsgruppe oder als Hausaufgabe mit nachfolgender Besprechung in einer Übungsgruppe, stellt in vielen Modulen eine Prüfungsvorleistung dar und ist neben Vorlesungen ein essentieller Bestandteil einer großen Zahl an Studiengängen der Universität Stuttgart. In diesem Aufschrieb werden verschiedene Ideen und Ansätze erläutert, wie Übungsgruppen unter Anleitung von  Tutor*innen synchron und asynchron bezüglich verschiedener Eskalationsstufen an digitaler Präsenz mit den Tools ILIAS und Webex Meetings/Teams abgebildet werden können.

Präsenzveranstaltungen, und insbesondere hybride Realisierungen mit Präsenz- und virtueller Teilnahme werden von diesem Aufschrieb explizit nicht abgedeckt. Die beschriebenen Ideen und Techniken sind auch für Seminare etc. anwendbar. In der ersten Hälfte dieses Aufschriebs werden allgemein und Disziplin-übergreifend die Möglichkeiten der zur Verfügung stehenden Tools beschrieben, sowie technische Dinge erklärt. Das Ziel besteht darin, Dozierenden ein eigenes Bild der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu erlauben. In der zweiten Hälfte des Aufschriebs werden verschiedene Beispielszenarien ausformuliert, wie diese Möglichkeiten auf den Übungsbetrieb übertragen werden können. Dieser Teil ist inspiriert durch den Übungsbetrieb in Mathematik-Veranstaltungen (m.E. inkl. Lehrexport), und sollte sich problemlos auf viele MINT-Studiengänge übertragen lassen. Dozierende von nicht-MINT-Studiengängen können hier auch einige Inspirationen finden.

Schnellstart-Anleitungen zu den beschriebenen Tools sowie Informationen zu Schulungen hat die Task Force Digitale Lehre im vergangenen Sommersemester erstellt, diese werden laufend ergänzt. Gute Startpunkte sind beispielsweise die folgenden Seiten:

Disclaimer

Dieser Aufschrieb soll die Tools nicht bewerten, sondern lediglich Informationen bündeln. Die im zweiten Teil vorgestellten Beispiel-Szenarien sind als Inspirationsquelle im positiven oder negativen Sinne zu verstehen, gemessen an den eigenen didaktischen Vorlieben. Grundsätzlich ist im Digitalsemester „alles erlaubt“, unter zwei Prämissen: Die Studierbarkeit muss sichergestellt sein, und  gemäß der „Mindeststandards“ für digitale Lehre ist Interaktion gerade in den Übungen essentiell, und zwar gleichermaßen zwischen Lehrenden (Tutor*innen, Assistent*innen, Dozent*innen) und Studierenden als auch zwischen den Studierenden untereinander.

Teil 1: Übersicht über existierende Tools

Der Übungsbetrieb kann aus zahlreichen Komponenten bestehen: Studierende bearbeiten Hausaufgaben und/oder Präsenzaufgaben, einzeln und/oder in Kleingruppen. Diese Bearbeitungen können von Tutor*innen begleitet werden, durch die Korrektur von Abgaben der Hausaufgaben und/oder durch die Diskussion in Kleingruppen oder ganzen Übungsgruppen. Oft ist auch die Präsentation von Lösungen Teil der Übungsgruppe, entweder durch die Tutor*innen oder durch die Studierenden selbst.

Je nach didaktischem Konzept (vergleiche die Szenarien in Teil 2) können dazu einige der folgenden technischen Erläuterungen hilfreich sein.

Einrichtung von ILIAS-Übungsgruppen inkl. digitaler Abgabe von Hausaufgaben

  • Die C@MPUS-ILIAS-Integration generiert die ILIAS-Übungsgruppen
  • Studierende melden sich über den üblichen Weg in einer Übungsgruppe an
  • Die Betreuer*innen der Übungsgruppen haben die Möglichkeit, Wechselwünsche der Studierenden zu erfüllen
  • Für die Erstellung von individuellen Übungsabgaben mit Korrekturfunktion wird derzeit ein Erklärvideo vorbereitet. In der Mathematik hat dies im Sommersemester keine Assistent*innen vor größere Probleme gestellt.
  • Eine bebilderte Schnellstart-Anleitung für Studierende steht aus dem Sommersemester zur Verfügung.

Einrichtung einer Webex-Meetings-Übungsgruppe und einer Sprechstunde zur Veranstaltung

  • Eine Möglichkeit besteht darin, den „Persönlichen Raum“ der Tutor*innen (oder Assistent*innen oder Dozent*innen) in Webex Meetings per Link den Studierenden zu kommunizieren und zum vorgesehenen Termin zu öffnen.
  • Alternativ können Windows-Nutzer*innen per Outlook-Integration von Webex Meetings Einladungen zu Sitzungen verschicken. Diese erscheinen dann für die Studierenden in Webex Meetings App als geplante Termine. Kalenderintegration steht für Mac- und Linux-Nutzer*innen nicht zur Verfügung. Termine können über die Webex Meetings Weboberfläche des persönlichen Raums eingerichtet werden, oder es kann pragmatisch auf den persönlichen Raum zurückgefallen werden.

Einrichtung einer Webex-Teams-Übungsgruppe

  • Die Veranstalter*innen der Lehrveranstaltung erstellen einmalig einen „Bereich“ (ein „Team“) in Webex Teams, und weisen den Tutor*innen Administrator-Rechte für „ihren“ Bereich zu. Alternativ erstellen die Tutor*innen diese Bereiche.
  • Um die Inhalte übersichtlich und nachvollziehbar zu strukturieren, ist ein Bereich pro Übungsgruppe unerlässlich, insbesondere in Veranstaltungen, bei denen es mehr als eine oder zwei Übungsgruppen gibt.
  • Weiter kann eine Substrukturierung sinnvoll sein, um schnell aktuelle Inhalte zu finden. Je nach Teilnehmerzahl ist eine Idee, jeweils einen neuen Bereich für jedes Übungsblatt einzurichten.
  • Der Beitrittslink der Übungsgruppe wird in der entsprechenden ILIAS-Gruppe oder via C@MPUS kommuniziert, damit die Studierenden beitreten können. Ein solcher Link kann generiert werden, indem über eurl.io der Bot Eurl in das Team/den Bereich als Moderator /Teilnehmer hinzugefügt und mit @Eurl internal off angeschrieben wird. Weitere Funktionalität des Bots kann mit @Eurl help erfragt werden.
  • Nachträgliche Änderungen am Teilnehmerkreis müssen (leider) redundant in ILIAS und in Webex Teams vorgenommen werden, falls ILIAS zur Abgabe und Korrektur der Übungsaufgaben verwendet wird, siehe oben.

Vorteile von Webex Meetings gegenüber anderen Tools

  • Das September-Update von Webex Meetings hat echte Breakout-Rooms ergänzt.
  • Das temporäre Verlassen einer Session ist nun problemlos möglich, insbesondere kann aus einer Breakout-Session in das übergeordnete Meeting zurückgesprungen werden.
  • Bildschirmfreigaben funktionieren problemlos für statische Inhalte. Weiter kann bei der Nutzung von Tablets mit Stift auch ein nicht kollaboratives Whiteboard emuliert werden, indem einfach der Bildschirm des Tablets freigegeben wird.

Vorteile von Webex Teams gegenüber anderen Tools

  • Jedes Team-Mitglied in einem Bereich kann mit jedem anderen Mitglied jederzeit ein Treffen starten, ohne dass ein Link für einen persönlichen Raum (wie in Webex Meetings) oder eine Meeting-Einladung nötig ist. Dies ermöglicht Buzzrounds als didaktische Komponente, aber auch die Diskussion der Teilnehmer*innen untereinander, was im Präsenzbetrieb durch Getuschel mit den Nachbar*innen natürlicherweise geschieht. Dazu muss jedoch derzeit das bestehende Treffen beendet werden, es gibt keine echten Breakout Sessions/Rooms, aus denen man wieder zurück in das eigentliche Meeting kommt.
  • Chatverläufe, Dateianhänge und Whiteboard-Aufschriebe sind persistent über Sitzungen hinweg. Whiteboard-Aufschriebe können als Bilddatei exportiert werden.
  • Die Verwendung des Whiteboards erfordert aktuell eine sehr stabile und relativ leistungsfähige Internetverbindung, was über mobile Verbindungen nicht immer gegeben ist. Dies muss bei Überlegungen zur Verpflichtung der Studierenden auf ein bestimmtes Format berücksichtigt werden.
  • Im Gegensatz zu ILIAS geht dies direkt in der App, was offensichtlich deutlich bequemer ist und keine zusätzliche Nutzbarkeitshürde (lange Klickwege etc.) darstellt.
  • Webex Teams kann wegen der Persistenz des Chats eine schnellere Koordination mit der Assistenz und oder den Tutor*innen bieten.

Teil 2: Beispielszenarien

In diesem Teil des Aufschriebs werden verschiedene Szenarien beschrieben, wie didaktische Konzepte zum Übungsbetrieb mit Webex und ILIAS realisiert werden können. Allen beschriebenen Szenarien ist gemein, dass Übungsgruppen synchron (d.h. zu einem festen Zeitpunkt in einem festen Tool) stattfinden, allerdings vollständig virtuell ohne physische Präsenz.

Die folgenden Ideen können in jeder Übungsgruppe pro Veranstaltung separat umgesetzt werden, die ILIAS-Rechte auf der Ebene von Tutor*innen sind ausreichend.

Rechtliche Rahmenbedingungen und Berücksichtigung von Offline-Zeiten der Studierenden

  • Essentiell für die Studierbarkeit in einem Digitalsemester ist die Persistenz der Inhalte der Übungen bis zur (Nach-) Klausur.
  • Webex ist (je nach Pandemieverlauf) nur bis Ende des Wintersemesters (31.3.2021) verfügbar, danach verfallen in Webex Teams gespeicherte Inhalte.
  • Eine Portierung der zentralen Ergebnisse eines Webex-Übungsbetriebs zu ILIAS ist daher essentiell. In einem Präsenzsemester bedeutet dies die Granularitätsebene der Übungsgruppe, und nicht des gesamten Übungsbetriebs.
  • Eine Aufzeichnung einer Webex-Übung mag charmant erscheinen im Hinblick auf die Beteiligung der Studierenden, die zu einem gegebenen Termin nicht virtuell präsent sein können. Dies erfordert jedoch zu jedem einzelnen Termin die Einholung des Einverständnisses aller Teilnehmer*innen, was nicht praktikabel ist.
  • Empfohlen wird daher eine Vorgehensweise analog zu physischen Präsenz-Übungsgruppen: Studierende, die nicht teilnehmen können oder wollen, erhalten über ILIAS mindestens Zugriff auf Musterlösungen.
  • Somit ist die Teilnahme an virtuell-präsenten Übungsgruppen ein Incentive, „bessere“ Erklärungen zu bekommen.

Übungstermin mit studentischem Vorrechnen und Diskussion

  • Die zugrundeliegende didaktische Idee ist, dass ein Mehrwert an Verständnis primär durch das studentische Vorturnen und die Diskussion der Musterlösungen generiert wird. Eine gewisse Pflichtkomponente erhöht zwar den Leistungsdruck für die Studierenden, ist aber so moderat gewählt, dass (wie auch in einem Präsenz-Semester) gelegentliche „Pausen“ an der Übungsteilnahme einfach ausgeglichen werden können. Ein typisches Scheinkriterium ist das Erreichen von beispielsweise 50% aller möglichen Punkte, kombiniert mit der Verpflichtung zum einmaligen Vorturnen einer Musterlösung.
  • Das Konzept des Votierens kann einfach in dieses Szenario integriert werden.
  • Übungsaufgaben werden per ILIAS herausgegeben und per ILIAS korrigiert. Die individuell korrigierten Abgaben stehen den Teilnehmer*innen am Tag vor dem virtuellen Präsenztermin (laut C@MPUS-Stundenplan) zur Verfügung.
  • Die Tutor*innen wählen „gute“ Abgaben für ein Vorturnen aus und ermutigen die Studierenden zu Beginn der Sitzung, diese Abgaben tatsächlich „vorzuturnen“.
  • Das Vorturnen erfolgt via Dateifreigabe/Screensharing in Webex Teams oder Meetings, und der Erläuterung der Lösung. Freigegeben wird seitens der Studierenden die ILIAS-Abgabe der entsprechenden Lösung minimal als Bilddatei (Handyfoto der eigenen Abgabe, identisch zur Einreichung in der ILIAS-Übungsgruppe).
  • Besonders engagierte Studierende und Tutor*innen können mittels der Xbox Game Bar unter Windows den Bildschirminhalt und eine Tonspur mit Bordmitteln mitschneiden, ähnliches gilt bspw. für diverse Screen-Recording Apps, die in vielen Formen und Farben für alle Betriebssysteme zur Verfügung stehen.
  • Die Minimalvoraussetzung der Audiospur-Besprechung eines Scans/Fotos der eigenen Abgabe stellt keine technische Hürde für die Studierenden dar, wenn dies lediglich endlich oft pro Semester gefordert wird. Gleiches gilt für die Minimalausstattung der Turor*innen, die Musterlösungen präsentieren müssen, wenn sich niemand freiwilliges findet.
  • Die Archivierung der Besprechung erfolgt durch das Einverständnis zur Veröffentlichung der Abgabe, also eines statischen Dokuments. Studierende können sich selbstverständlich bereiterklären, auch ein Video oder ein Foto mit Tonspur bereitzustellen.
  • Finden sich keine Freiwilligen, turnt der Tutor basierend auf denselben technischen Voraussetzungen vor, mit demselben minimalen technischen Ergebnis.
  • Die Persistenz der präsentierten Lösungen der Übungsaufgaben kann via Webex Teams sichergestellt werden, oder durch eine Kopie nach ILIAS. Letzteres ist zu bevorzugen, um die Persistenz auch für mögliche Nachprüfungen sicherzustellen.
  • Ein Anreiz zur Teilnahme an einem solchen „live-Termin“ besteht darin, dass „live“ wesentlich mehr Details geteilt werden als in der archivierten statischen (PDF-Version) einer studentischen Musterlösung, und weil Musterlösungen nicht nur aus Vorlesungssicht präsentiert werden, sondern über das ganze Semester aus der Sicht der Studierenden. Nicht jedes gesprochene Wort wird aufgeschrieben, und in der Analogie zu einem konventionellen Semester muss dies auch nicht sein.

Übungstermin als moderierte Diskussionsrunde oder mit Präsenzaufgaben

  • Die zugrundeliegende didaktische Idee ist, dass Musterlösungen genauso wie Vorlesungsinhalte bestmöglich asynchron bereitgestellt werden sollten, und dass die zur Veranstaltung gehörenden Übungen primär einer (offeneren im Vergleich zum vorherigen Vorschlag) Diskussion gewidmet sein sollten.
  • Im Falle von Hausaufgaben gilt das vorherige Szenario, wobei Musterlösungen bereitgestellt werden idealerweise in Form eines Videos / einer Tonspur seitens der Tutor*innen.
  • Die Dozent*innen und Assistent*innen erarbeiten auf der Basis des aktuellen Inhalts der Veranstaltung und des aktuellen Übungsblatts Diskussionsfragen und/oder Präsenzaufgaben, und kommunizieren diese am Tag vorher via ILIAS oder während der Sitzung per ILIAS oder Webex Teams Chat.
  • Zum live-Termin der Übung wird eine Webex Videokonferenz gestartet. Während der Übung werden zunächst Fragen zu den Musterlösungen und zu den individuellen Abgaben geklärt gemäß der Ideen des vorherigen Szenarios.
  • Danach werden die Diskussionsfragen bzw. Präsenzaufgaben gestellt. Studierende können in Webex Meetings in sogenannte Breakout-Rooms eingeteilt werden, entweder gemäß existierender Lerngruppen oder per Zufall. In diesen Breakout Rooms werden die Fragen diskutiert und/oder die Aufgaben bearbeitet.
  • Tutor*innen können in Webex Meetings einzelne solche Kleingruppen „besuchen“, sofern Sie für die Sitzung/Übungsgruppe Gastgeberrechte besitzen. Außerdem ist es für Studierende möglich, eine Kleingruppe kurzfristig zu verlassen, um Tutor*innen um Beitritt zu bitten.
  • Nach jeder Breakout-Session kommen die Teilnehmer wieder zusammen, und mit einem ähnlichen Votier-Mechanismus wie im vorherigen Szenario werden die Ergebnisse der Kleingruppen (oder einer ausgewählten Kleingruppe, je nach Scheinkriterium) präsentiert.
  • Die Präsentationen der Kleingruppen werden wie im vorherigen Szenario archiviert für verhinderte Studierende.