Studierende in besonderen Lebenslagen in der Corona-Zeit Handreichung für die (Online-)Lehre 2.0 WS 2020/21
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Die außergewöhnliche Lehrsituation in der Corona-Zeit wird alle Beteiligten – Studierende wie Lehrende – weiterhin vor große Herausforderungen stellen.
Die Universität – also wir alle – hat die Pflicht und hat sich selbst verpflichtet, allen Studierenden, also auch denjenigen, deren Lebenslage eine besondere Härte darstellt, die Teilnahme an Lehrveranstaltungen und Prüfungen zu ermöglichen:
- behinderte und chronisch kranke Studierende
- Studierende mit Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen
- internationale Studierende
- sozial, finanziell und bildungsbenachteiligte Studierende
Wir möchten Ihnen an dieser Stelle großen Dank aussprechen, dass Sie sich in vielen Situationen mit den hier angesprochenen Personengruppen sehr engagiert gezeigt und viele individuelle Lösungen gefunden haben!
Durch die bereits gesammelten Erfahrungen im Sommersemester kann auf Vieles aufgebaut werden. Und es ist sichtbar geworden, wo gerade auch für Studierende in besonderen Lebenslagen die Stärken, aber auch die Probleme der Lehre in Corona-Zeiten liegen. Wir möchten Sie als Lehrende bitten, diese Studierendengruppen auch weiterhin im Blick zu behalten. Und möchten Ihnen in diesem Papier einige wichtige Hinweise dazu geben.
Welche Hürden können für Studierende in besonderen Lebenslagen bei Online-Lehrveranstaltungen und Prüfungen in der Corona-Zeit bestehen?
Die Online-Lehre ist grundsätzlich ein sehr wertvolles Format für Studierende in besonderen Lebenslagen, vor allem wenn die Lehrveranstaltungen zeitunabhängig nutzbar sind und daher eine größere Reichweite haben. Wie Viele bereits erfahren haben, birgt jedoch auch dieses Format große Herausforderungen und (neue) Hürden für die genannten Zielgruppen, es kann sogar ein erfolgreiches Absolvieren von Studien- und Prüfungsleistungen gefährden. Mögliche Hürden entstehen insbesondere durch technische und organisatorische Bedingungen sowie durch die Form und den zeitlichen Rahmen, in denen Inhalte dargeboten werden.
Problematisch sind insbesondere:
1. Synchrone Online-Vorlesungen oder -Seminare:
Hier können insbesondere Studierende Probleme bekommen, die Betreuungsaufgaben von Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen haben, die ärztliche und therapeutische Verpflichtungen haben, Studierende mit Beeinträchtigungen des Hörens, des Sehens und des Sprechens, internationale Studierende, die sich in ihren Ländern mit anderen Zeitzonen aufhalten müssen, sowie Studierende, die ggf. keine durchgängig stabile Internetverbindung haben oder sich Endgeräte und Arbeitsräume mit Familienmitgliedern teilen müssen. Lösungen könnten beispielsweise sein: Vorlesungen immer zusätzlich asynchron als Aufzeichnung zur Verfügung zu stellen. Bei Seminaren, die nicht zusätzlich online zur Verfügung gestellt werden können, könnten Studierendengruppen eine Mitschrift für alle Teilnehmenden anfertigen. Von Studierenden, die am Seminar regelmäßig nicht synchron teilnehmen können – weil sie etwa zu einer Risikogruppe gehören – könnten angemessene Ersatzleistungen verlangt werden.
Bitte verzichten Sie grundsätzlich auf Blockseminare von längerer Dauer mit Anwesenheitspflicht, da eine durchgehende Teilnahme gerade für Studierende mit Betreuungsaufgaben, Studierende mit bestimmten Beeinträchtigungen und internationale Studierende, die im Heimatland in einer anderen Zeitzone sind, eine beträchtliche Hürde darstellt.
2. Vorlesungsaufzeichnungen / Filme
Hier sind insbesondere Studierende mit Beeinträchtigungen des Hörens und Sehens, oftmals auch Studierende mit Asperger-Autismus betroffen. Wichtig für hörbeeinträchtigte Studierende ist eine deutliche Aussprache sowie die Sichtbarmachung der/des Vortragenden. Achten Sie bitte auch auf sehr gute Ton- und Bildqualität sowie einen störungsfreien Hintergrund (wichtig für hörgeschädigte und sehgeschädigte Studierende sowie internationale Studierende, deren Sprachkenntnisse noch unzureichend sind). Bitte nutzen Sie deshalb nach Möglichkeit Aufzeichnungen durch das TIK.
Bitte stellen Sie zusätzlich zu aufgezeichneten Lehrveranstaltungen auch eine schriftliche Ausarbeitung ((Trans)Skripte, Vorlesungsnotizen, schriftlich entwickeltes „Tafelbild“ o.ä.) zur Verfügung. Das ist nicht nur für die hörbeeinträchtigten Studierenden dringend notwendig, sondern auch für viele andere Studierende, für die aus den verschiedensten Gründen gleichzeitiges zuhören und mitschreiben nicht oder nur eingeschränkt möglich ist: Sehbehinderte und Blinde, Studierende mit bestimmten körperlichen Beeinträchtigungen, Studierende mit anderen gesundheitlichen Einschränkungen, bei denen eine Verlangsamung stattfindet (z.B. durch Medikamenteneinnahme, ADHS, psychische Beeinträchtigungen), Studierende mit Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen und internationale Studierende.
3. Präsentationen und Skripte mit Barrieren
Auch hiervon sind insbesondere Studierende mit Sehbeeinträchtigungen, aber auch Studierende mit Hörbeeinträchtigungen betroffen. Wenn PPT-Folien als PDF hochgeladen werden, fehlen manches Mal Grafiken oder die Animationen, die in PPT sichtbar sind. Diese sollten erläutert werden.
Die Dokumente (PPT-Folien, Skripte in Word bzw. daraus erzeugte PDFs) sollten so barrierefrei wie möglich gestaltet werden. Hierbei sollte insbesondere auf diese Prinzipien geachtet werden:
- Achten Sie auf eine klare und übersichtliche Dokumentenstruktur, so dass auch jemand mit Vergrößerung am Bildschirm den Überblick behalten kann.
- Verwenden Sie in Word-Dokumenten Dokumentvorlagen und kennzeichnen Sie Kapitelüberschriften als solche, so dass diese von einer Sprachausgabe lesbar sind.
- Erstellen Sie Alternativtexte für verwendete Bilder und Objekte.
- Verwenden Sie einfache und übersichtliche Tabellenstrukturen und geben Sie Spaltenkopfzeilen in Tabellen an.
- Überprüfen Sie die Funktion der Links und Querverweise und achten Sie auf eine eindeutige Bezeichnung.
- Fügen Sie Untertitel für Audioelemente ein.
- Achten Sie auf gute Kontraste: Optimal ist weißer Hintergrund und schwarze Schrift. Auf helles Blau mit weißer oder schwarzer Schrift sollte verzichtet werden, ebenso auf Kombinationen aus Rot-Grün, Rot-Orange, Blau-Grün usw.
Bitte beachten Sie das neuen Vorlagenpaket der Hochschulkommunikation, in dem barrierefreie Vorlagen zu finden sind: Download der Vorlagen
Das TIK stellt Leitfäden für die Erstellung barrierefreier Dokumente bereit, die Sie auf diesen Webseiten finden:
- Anleitung zur Barrierefreiheit Dokumente (Allgemein)
- Anleitung Barrierefreiheit von PDF-Dokumenten (PDFs)
4. Prüfungen
Bitte machen Sie bei den o.g. Studierendengruppen großzügigen Gebrauch von den Regelungen in der Corona-Satzung zur Prüfungsordnung v.a. im Hinblick auf die Veränderung der Prüfungsform und auf Nachteilsausgleiche (s. insbesondere §3 Abs.2 und §5 Abs. 1). Die Verlängerung der derzeit gültigen Corona-Satzung ist in Planung.
Für internationale Studierende, die aufgrund der Einreisebeschränkungen nicht vor Ort sein können, sollten dringend alternative Prüfungsmöglichkeiten zum Einsatz kommen.
Für gesundheitlich beeinträchtigte Studierende ist die Änderung der Prüfungsform und -dauer zusätzlich abgedeckt über die Prüfungsordnungen aller Studiengänge im § x Abs. „Modulprüfungen, Studien- und Prüfungsleistungen“.
Bitte nehmen Sie die Bitten auf separate Räume von Studierenden, die einer Risikogruppe angehören ernst. Für sie ist eine Prüfung im Haupt-Prüfungsraum riskant. Zumeist reicht es, wenn sie gemeinsam mit anderen Prüflingen, die separate Räume brauchen bzw. bereits durch den Prüfungsausschuss genehmigt bekommen haben, in einem Raum geprüft werden. Falls es für Sie dadurch zu Raum- und Personalproblemen kommen sollte, wenden Sie sich bitte innerhalb Ihres Faches an die Studiendekanin/den Studiendekan oder Studiengangmanager*in oder Fachstudienberater*in. Oftmals können hier gemeinsam kurzfristige und gute Lösungen gefunden werden.
Zusätzlich bitten wir Sie um die folgenden Maßnahmen:
- Rückfragemöglichkeiten zu Ihren Lehrveranstaltungen und Materialien sind wichtig. Signalisieren Sie Ihre Gesprächsbereitschaft und zeigen Sie auf, welche Kanäle für Rückfragen genutzt werden können.
- Bitte lassen Sie die Online-Angebote (aufgezeichnete Vorlesungen und die genannten Skripte/Notizen) mindestens bis zur Prüfung und Nachprüfung online.
- Bitte nutzen Sie auch in Nach-Corona-Zeiten Online-Angebote weiter, insbesondere Lehrveranstaltungs-Aufzeichnungen und Verschriftlichungen Ihrer Lehrveranstaltungen. Dies wird all denjenigen Studierenden in verschiedenen Lebenslagen helfen, die jetzt durch diese Lehrformate gut studieren können.
- Weisen Sie bitte bei Bedarf auf die diversen Beratungsangebote der Universität Stuttgart hin.
Da wir aufgrund dieser immer noch neuen Situation sicherlich nicht alle Fälle und Situationen bedacht haben, bitten wir Sie, auf Rückfragen und Bitten von Studierenden der genannten Personengruppen sensibel zu reagieren. Wir haben die Studierenden entsprechend auf den Webseiten für Studierende mit Behinderungen, Studium & Familie und Dezernat Internationales informiert, mit Fragen und Anliegen auf Sie zuzukommen, falls jemand von ihnen Probleme mit Aspekten der Online-Lehre hat.
Wir danken Ihnen sehr herzlich für Ihre Unterstützung!
Sigrid Eicken
Beauftragte für Studierende mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen
Jeannette von Wolff
Stellvertretende Beauftragte
studium-mit-handicap@uni-stuttgart.de
Dr. Xiaoli Lu
Inken de Wit
Service Uni & Familie
uniundfamilie@uni-stuttgart.de
Marion Höcke
Leitung Dezernat 2 Internationales
leitung.dez2@verwaltung.uni-stuttgart.de
Dr. Claus Baumann, Gitte Lindmaier, Dr. Yvonne Zimmermann
AK Bildung und soziale Ungleichheit
yvonne.zimmermann@ilw.uni-stuttgart.de
Stand: 01.10.2020
Wir haben uns bemüht, dieses Dokument so barrierearm wie möglich zu gestalten. Sollten Sie dennoch Probleme mit Vorleseprogrammen haben, dann bitten wir um Rückmeldung.